Wie bereits im Beitrag zuvor geschrieben, habe ich bei meinem zweiten Mal mit OSM auch mit der Bearbeitung angefangen. Und die ist gar nicht so einfach, wie es klingt und vor allem voll mit Stolperfallen, die ihre Ursache hauptsächlich darin haben, dass manches Bearbeitungs-Feature von der Umsetzung her nichts halbes und nichts ganzes ist. Zudem gibt es auch OSM leider auch Trolle.
Sinnvolle Freizeitgestaltung
Fakt aber ist, wenn man sich da mal reingefuchst hat, dann macht die Bearbeitung und damit auch die Verbesserung der Karte für alle Nutzer nicht nur Spaß, sondern hat auch durchaus einen Suchtfaktor. Und nicht zuletzt diesen feiere ich gerade. Denn er hat dazu geführt, dass bedeutende Teile meiner Freizeit zwischen beruflichem wie auch der Pflege von Angehörigen, nicht mehr für irgendwelche Games am PC drauf geht, sondern darauf verwendet wird, raus zu gehen, vor Ort zu recherchieren und später in die Karte einzupflegen.
Dazu kommt, dass ich jeden Tag im Großraum meiner Heimatregion mit dem Auto unterwegs bin und jetzt auch an vielen Tagen diese Fahrten dazu nutzen kann, die Karte für alle besser zu machen. Hier kommt dann Mapillary ins Spiel. Aber dazu später mehr.
Bearbeitung Level 1 – Hinweise
Mein Einstieg in die Beteiligung, die Bearbeitung, waren Hinweise. Der Grundgedanke war, dass man damit als völlig unerfahrener Bearbeitender nichts versehentlich kaputtmachen kann. Man ändert ja nicht, sondern setzt einfach nur ein Pünktchen mit einem Hinweistext. Und wenn der Hinweis sich an dieser Stelle als überflüssig oder irrelevant entpuppen sollte, dann kann er von jemand anderem ja einfach geschlossen und damit zumindest aus der Kartenansicht gelöscht werden.
In meinem Heimatort Radevormwald bin ich geboren und aufgewachsen und von einem kurzen Gastspiel in Lüneburg Anfang der 1990er abgesehen, lebe ich hier seit 50 Jahren. Ich kann also guten Gewissens von mir behaupten, mich hier auszukennen. Und vor diesem Hintergrund stach mir anlässlich meines ersten Hinweises auch sofort ins Auge, dass in der Karte ein ganzes Bachsystem fehlt. Also, Hinweis dazu geschrieben, veröffentlicht, gut gefühlt.
Hinweise – doch nicht so toll
Schauen wir mal, ob der Hinweis auch an der richtigen Stelle ist. Rechts auf „Ebenen“ geklickt und das Häkchen bei „Hinweise/Fehlermeldungen“ gesetzt und ja, er war an der richtigen Stelle. Aber drum herum poppen noch mal gut 30 andere Hinweis-Markierungen auf. OK. Lesen wir doch einfach mal was andere da so als Hinweis schreiben. Erschreckend häufig finden sich Hinweise auf Wanderwege, die ein wenig zugewuchert sind. Was bitte erwarten die Hinweis-gebenden? Dass alle Wanderwege durch den Wald asphaltiert werden? Dass jetzt jemand für die Aktualität der Karte mit der Heckenschere losrennt und die wuchernde Himbeere zurück stutzt? Dass jetzt jemand mit dem Spaten loszieht und den Weg in dem Bereich sowohl auf der Karte wie auch im Wald verlegt? Hm. Seltsam.
Himbeeren
Also gehen wir den Weg doch einfach auch mal. Na ja, Weg ist an der Stelle eigentlich zu viel gesagt. Es ist ein besserer Trampelpfad. Ja, er ist auch an den Bäumen und Zaunpfosten als Wanderweg gekennzeichnet, aber wenn da pro Woche mal zwei Leute lang gehen, ist das schon viel.
Und das Hindernis namens Himbeere? Ja, die ist ein wenig in den Weg gewuchert und wenn man da mit kurzer Hose lang geht, hat man vielleicht den einen oder anderen Kratzer der Dornen am Bein. Aber wenn man da einfach 1 Meter weiter links an der linken Seite um den dort stehenden Baum herum geht, was problemlos möglich ist, dann ist der Himbeerbusch gar kein Hindernis mehr – und der Hinweis eigentlich sinnfrei. Es sei denn, er soll eigentlich dazu dienen, entsprechend interessierte Leute darauf hinzuweisen, dass sie da recht bequem Himbeeren pflücken können.
Ich könnte den Hinweis jetzt ja schließen. Aber ich bin der Neue hier und ich weiß ja nicht, was der Hinweis-gebende mit seinem Hinweis genau beabsichtigt, also lass ich ihn mal stehen und wende mich einem anderen zu.
Wen interessieren Hinweise
In einem anderen Hinweis im dort angrenzenden Nachbardorf wird das Fehlen eines Geschäftes bemängelt. Das Geschäft wird auch namentlich benannt. Und mein erster Gedanke dazu ist: „Das gibt’s doch gar nicht mehr!“. Also den Hinweis mal genauer betrachtet und da findet sich als Zeitstempel ein „vor über 8 Jahren“. Das erklärt so einiges. Vor 8 Jahren gab es dort tatsächlich dieses Geschäft. Aber das lief an diesem dörflichen Standort halt nicht so gut, ist dann vor 4 Jahren ins Stadtzentrum gezogen, hat dort aber dann auch vor zwei Jahren endgültig zugemacht.
Heißt also im Klartext: Zarte 8 Jahre hat dieser Hinweis niemanden interessiert – erst recht keinen Ortskundigen. Erschreckend. Noch erschreckender ist, viele andere Hinweise im Umkreis tragen auch Zeitstempel des Typs „vor x Jahren“.
Und weiter im Klartext heißt das: Wenn hunderte Leute Hinweise schreiben, aber Null Leute Hinweise interessieren, dann sind Hinweise vielleicht doch nicht so toll, um zur Aktualität der Karte beizutragen.
Hinweise – konstruktiv
Zum Glück sind nicht alle Hinweise elend alt. Es gibt auch ein paar halbwegs aktuelle. Und darunter gibt auch solche, bei denen ich mit meinem Wissen zu einer Lösung beitragen kann. Also flugs mal entsprechend kommentiert. Und prompt entwickelt sich daraus eine angeregte und konstruktive Diskussion, an deren Ende man tatsächlich das Gefühl hat, etwas konstruktives zur Lösung eines Problems beigetragen zu haben.
Bleibt als Beigeschmack vielleicht nur, dass ein Abseits einer Straße in einem Feld gelegener Gullydeckel jetzt nicht unbedingt etwas ist, was einer breiteren Masse von Kartenbenutzern weiter hilft. Wahrscheinlicher ist, dass das niemals wieder jemanden interessieren wird.
Hinweise – Fazit
Alles in allem wird dadurch recht eindrucksvoll klar, dass Hinweise nicht wirklich ein Mittel sind, um zur Aktualität der Karte beizutragen. Klar kann man Hinweise schreiben. Aber man kann sich halt nie sicher sein, dass die auch wirklich jemand interessieren. Und damit mutieren sie schon ein wenig von einem sinnvollen Beitrag zu einer netten Spielerei.
Für mich jedenfalls war die Erfahrung mit Hinweisen der Anlass, mich mal intensiver mit der richtigen Bearbeitung der Karte auseinanderzusetzen. Klar kann ich zu einem fehlenden Geschäft in unserer Fußgängerzone einen Hinweis schreiben. Aber vielleicht interessiert der die nächsten 10 Jahre einfach niemanden. Auf der anderen Seite kann ich das fehlende Geschäft aber auch selbst als Eintrag in der Karte anlegen und selbst wenn ich nicht sofort alle Daten dazu zusammentragen oder einpflegen kann, sieht ein die Karte benutzender Besucher des Ortes sofort, dass dort eben dieses Geschäft ist.
Zeit also, sich mal in die richtige Bearbeitung herein zu fuchsen, die aber leider vollen Fallstricke ist, welche einen Neuling schnell ins Straucheln bringen oder ihm dämliche Kommentare bescheren können.
Doch dazu demnächst mehr …
Discussion
Comment from Harald Hartmann on 22 November 2024 at 10:42
Vielleicht übersiehst du auch bei den anderen Punkten, v.a. wo du mit dem Interesse anderer argumentierst, aber etwas entscheidendes: in OpenStreetMap tragen wir die Realität vor Ort ein, egal ob und wen es zukünftig interessiert (*) und ob es überhaupt auf einer Karte erscheint, da OpenStreetMap in aller erster Linie eine Geodatenbank ist!
(*) Mich z.B. interessieren deine Hinweise über das Abwassersystem mal so gar nicht, habe mich mit dem Tagging dieser nicht beschäftigt, und würde deshalb die Hinweise auch stehen lassen.
Zum Thema “zugewachsene Wege” … ich als Wegewart würde mich in meinem Gebiet über solche Hinweise freuen, dann kann ich in der Tat entscheiden, ob es ein gepflegter Wanderweg ist und in der Tat frei geschnitten werden müsste, oder ob es kein gepflegter Wanderweg ist und man das Tagging um weitere Attribute erweitert, wie z.B. schlechte Gangbarkeit.
Comment from ASRvwde on 23 November 2024 at 07:06
@Harald
Schön, wenn Du Dich über Hinweise zu zugewachsenen Wegen freust und dann als Wegwart unter Umständen mit der Heckenschere losziehst und den Weg wieder frei schneidest. Das Kernproblem dieser doch in einer gewissen Fülle auftretenden Hinweise aber ist, dass die zum Teil Jahre alt sind und mal so rein gar niemand interessieren in der Art, dass der sich das mal vor Ort anschaut und den Hinweis dann entweder weiter ausbaut oder als erledigt schließt. Mal ganz abgesehen davon, dass vielfach Hinweise zu zugewachsenen Wegen gegeben werden, auf denen nicht mal ein offzieller Wanderweg verläuft, geschweige denn teilweise überhaupt ein offzieller Weg. Mitunter sind das Wege ohne Anfang und Ende, die nur existieren, damit der Bauer von seinem Feld in seinen Wald fahren kann. Und es kommt mitunter auch vor, dass man sich das vor Ort anschauen will, das aber gar nicht kann, weil da ein Schild steht “Durchgang verboten” - oft auch ein altes Schild, was seinem Zustand nach da schon Jahrzehnte steht.
Mich stört aber ehrlich gesagt auch nicht, dass Leute solche Hinweise verfassen. Was mich stört ist, zu sehen, wie drum herum aktuelle Bearbeitungen auf der Karte statt finden, sich aber für diesen Hinweis niemand interessiert und das teils 4, 6 oder 8 Jahre lang schon nicht. Das ist das eigentliche Problem. Und das setzt sich teils auch in urbanem Umfeld fort, wo etwa jemand vor 7 Jahren einen Hinweis zur Schließung eines bestehenden Geschäfte und der Neueröffnung eines neuen an gleicher Stelle aber gänzlich anderen Typs gab und man bei einer Überprüfung vor Ort feststellt, dass das Gebäude im dem das alte wie auch das neue Geschäft lokalisiert waren, schon vor 2 Jahren abgerissen worden ist. - So viel dann man zu Deiner wichtigen Realität vor Ort.
Und mal ganz ehrlich: Wenn für Dich Verwuchs-Hinweise auf einem Weg ohne weitere Relationen ein wertvoller Beitrag zur Geodatenbank OSM sind, warum sollte ein Oberflächen-Bauwerk, des unter der Oberfläche liegenden Mischkanalisationssystems, durch welches im Falle von Starkregen Regenwasser gemischt mit Fäkalabwasser durch eine “man_made”-Rinne an der Oberfläche in einen Bach fließen soll, dann in dieser Geodatenbank überflüssig sein? Oder eine unterirdische Abwasserinstallation, die sich an der Oberfläche als Zugangsbeschränkt-umzäunter Bereich präsentiert, auf dem Oberflächen-Bauwerke stehen, die bislang niemand erfasst hat, wahrscheinlich mit dem Gedanken “ist ja nur Abwasser”.
Davon ab sehe ich auch solche Eintragungen, die es nie zu Anzeige auf der Navigations-, Wander- oder Radfahrkarte bringen, als wertvoll an, weil ich sie mit Tools wie QGIS oder R in eigenen Projekten zur Recherche nutzen kann - eben weil auch sie in der Geodatenbank OSM erfasst sind.
Comment from Harald Hartmann on 23 November 2024 at 09:19
Wo bitte schön habe ich etwas davon geschrieben, dass deine Beitragung zum Thema Abwasser/Kanalisation “überflüssig” sind oder wären?!
Und jetzt mal Butter bei die Fische: vermutlich würde ohne den Hinweis das abgerissene Haus immer noch in der Datenbank stehen.
Und es besteht ja allgemeiner Konsens, dass es immer einfach(er) ist etwas Neues beizutragen, als bestehende Daten aktuell zu pflegen. Hier sitzt du aber dann im selben Boot wie alle anderen und darfst es natürlich besser machen ;-)
PS: den Hinweis auf einem Weg - der ja trotzdem in der Realität da ist und unter Umständen auch auf Luftbildern zu sehen ist - , ein Durchgang verboten hat, würde ich schließen und den Weg als access=no/private erfassen und fertig.